Die elektrifizierte Version des Waldwiesel von Urwahn aus Magdeburg ist aus verschiedenen Gründen ein ganz besonderes Gravel Bike. Der Rahmen ist von der Konzeption bis zur Fertigung Made in Germany. Die Entwicklung mit lokalen Produktionspartnern hat einige Vorteile. Da die Rahmen zum Beispiel nicht wie sonst üblich aus Asien importiert werden müssen, lassen sich jede Menge Transportkosten einsparen und gleichzeitig die Umweltbelastungen verringern. Zudem kommen sehr moderne Produktionsverfahren zum Einsatz, denn verschiedene Teile des Rahmens stammen aus einem 3D Drucker. Der 3D Druck als Fertigungsverfahren und die Eigenschaften des verwendeten Werkstoffes CrMo-Stahl ermöglichen ein außergewöhnliches Rahmendesign, das man in der Form so noch nicht gesehen hat. Statt Schweißnähten gibt es beim Waldwiesel.E nichts als glatte Oberflächen – das sieht ziemlich gut aus.
Wie es sich fährt, was man sonst noch über das Urwahn Waldwiesel E- Gravel Bike wissen sollte, fasse ich in dem folgenden Bericht zusammen.
Bestellung, Lieferung und Endmontage
Das Waldwiesel.E kann im Webshop von Urwahn konfiguriert und bestellt werden. Es ist in 5 Größen von XS bis XL erhältlich und kann darüber hinaus mit Beleuchtung, Schutzblechen und einem Gepäckträger versehen werden. Für etwas mehr Sicherheit, können ein GPS-Tracker sowie Hexlox Komponentensicherungen dazu gebucht werden. Wer dem Waldwiesel einen noch individuelleren Look verpassen möchte, kann den Rahmen gegen Aufpreis in seiner Wunschfarbe pulverbeschichten oder auch mit Nickel oder Kupfer überziehen lassen. Alternativ stehen 5 markante Farbtöne ohne Zusatzkosten zur Verfügung. Wer zusätzlich einen farblichen Akzent setzen möchte, kann wählen, ob die Gabel „asphaltschwarz“ oder die gewählte Rahmenfarbe haben soll.
Mit jeder ausgewählten Zusatzoption klettert der Kaufpreis weiter in die Höhe, bis über 8000 EUR für die maximale Ausstattungsvariante. Damit hebt sich das Bike nicht nur optisch, sondern auch im Preis von der Masse ab. Man bekommt dafür aber ein in Handarbeit gefertigtes Bike, das nach Bestelleingang in ca. 2-3 Monaten produziert und via Spedition nach Hause geliefert wird.
Das Waldwiesel.E wird in einem relativ großen Transportkarton geliefert. Unter Umständen kann es daher hilfreich sein, eine 2. Person in der Nähe zu haben, die beim Handling unterstützen kann. Der Karton ist so groß, da das Bike darin vollständig montiert ist. Die einzigen Arbeitsschritte der Endmontage bestehen darin, den Rahmenschutz aus Schaumstoff zu entfernen, den Lenker in die richtige Position zu bringen, die Pedale zu montieren und die Sattelhöhe auf die eigene Körpergröße einzustellen.
Das benötigte Werkzeug in Form eines Minitools wird von Urwahn mitgeliefert. Wer handwerklich nicht völlig unbegabt ist, sollte das alleine hinbekommen. Eine wirklich gute Anleitung mit bebilderten Montageschritten wird mitgeliefert. Darüber hinaus findet man weitere Anleitungen in Form von verschiedenen Videos auf dem Urwahn Youtube Channel. In den Videos wird alles Wissenswerte genau erklärt und alle Schritte gezeigt, die durchgeführt werden müssen, bevor das Bike für die erste Fahrt startklar ist.
Meiner Meinung nach sollte man das beigefügte Minitool, auch wenn es jedes benötigte Werkzeug beinhaltet, nur für kleinere „Notfälle“ unterwegs verwenden. Wer sich ein so teures Bike kauft, sollte ein paar Extra-Euros in einen Drehmomentschlüssel investieren und die Schrauben am Bike mit den in der Anleitung aufgeführten Drehmomenten festziehen. Außerdem ist der Torx-Schlüssel am Minitool relativ kurz, wodurch man den Rahmen verkratzen könnte, wenn man die Sattelklemme damit festziehen würde.
In dem Transportkarton befindet sich noch ein kleinerer Karton, in dem das mitgelieferte Zubehör enthalten ist. Das besteht aus:
- Ein Set Urwahn Flatpedale, beidseitig mit Griptape versehen
- Eine Knog Oi Fahrradklingel, die bei meinem Testrad leider fehlte – vermutlich hat sie sich ein anderer Testfahrer und den Nagel gerissen
- 4 orangefarbene Speichenreflektoren
- 2 weitere Reflektoren in weiß und rot für den Lenker und die Sattelstütze
- Das äußerst kompakte Minitool mit Reifenheber, Flaschenöffner, Speichenspanner, Innensechskantschlüsseln in den Abstufungen 2,3,4,5,6,8 mm sowie Torx-Schlüsseln in der Größe T25 und T30
- Ein Urwahn Exzenter-Tool, das nur benötigt wird, wenn man ein Bike mit Carbon Zahnriemenantrieb gekauft hat
- Das Ladegerät für den Akku
- Begleitmaterial in Form von einem Urwahn Katalog, einer sehr ausführlichen Bedienungsanleitung zum Bike und sämtlichen Anleitungen zu den elektrischen Komponenten
Die erste Ausfahrt
Zugegeben war die erste Ausfahrt mit dem Waldwiesel.E mein erster Berührungspunkt mit einem Gravel Bike. Ich fahre zwar auch Rennrad und Mountainbike, bin aber inzwischen mehr mit dem Trekkingrad unterwegs, vor allem weil ich es auch für den Arbeitsweg nutze. Das Waldwiesel liegt vom Fahrgefühl irgendwo zwischen Rennrad und Trekkingrad. Während das Rennrad kaum Komfort bietet und in Bezug auf Ausrichtung und Sitzposition so schnell wie möglich „nach vorne“ will, hat das Waldwiesel.E all diese Eigenschaften auch, fährt sich aber so komfortabel wie ein Trekkingrad.
Die spezielle Form des Hinterbaus in Verbindung mit den elastischen Eigenschaften des Stahlrahmens soll Strapazen bei Fahrten über urbane Unebenheiten vorbeugen. Gleichzeitig werden Tretlagersteifigkeit und Pedalkraft nicht eingebüßt. So beschreibt Urwahn die Vorteile des Rahmenkonzeptes. Meistens gehe ich mit blumigen Beschreibungen aus Produktkatalogen eher skeptisch um. In diesem Fall muss ich dem Waldwiesel.E aber zugestehen, Schläge durch unwegsames Gelände wirksam abzudämpfen. Ob das Rahmenkonzept oder die Bereifung nun den größeren Anteil an den Dämpfungseigenschaften haben, möchte ich nicht bewerten. Ich kann aber bestätigen, dass unterwurzelte Fahrradwege, unebene Waldwege oder auch Schotter relativ problemlos zu fahren sind. Dadurch musste ich mich weniger auf die Fahrbahnbeschaffenheit konzentrieren, als mit meinem Rennrad, dass z.B. Schlaglöcher nicht so locker wegsteckt.
Die Ausstattung
Das Waldwiesel.E ist hochwertig ausgestattet. Vor dem Hintergrund des Anschaffungspreises hätte man für meinen Geschmack allerdings noch etwas höher ins Regal greifen können. Um den Vergleich gegen günstigere Gravel Bikes mit besserer Ausstattung nicht scheuen zu müssen, würde ich mir z.B. Komponenten aus der Shimano GRX RX810 Gruppe oder auch eine elektronische Schaltung wünschen. Alle verbauten Komponenten haben bei meinen Testfahrten jedoch völlig reibungslos funktioniert, so dass das Bike insgesamt gesehen einen stimmigen und sehr hochwertigen Eindruck macht.
Das Konzept der Nachhaltigkeit und die komplette Rahmenproduktion in Deutschland sind sicherlich der Kostentreiber bezogen auf den Verkaufspreis. Die Ausstattung von Bikes im gleichen Preissegment zu vergleichen, die in hoher Stückzahl zu großen Teilen im Ausland hergestellt werden, ist vermutlich der falsche Ansatz.
Rahmen und Gabel
Die verschiedenen Größen und Farben des Rahmens habe ich ja bereits beschrieben. Ich möchte aber nochmal etwas detaillierter auf die Produktion des Rahmens selbst eingehen.
Die Verbindungselemente des Rahmens werden in einem 3D Druck Verfahren hergestellt, bei dem Metallschichten mit einem Hochleistungs-Laser Schicht für Schicht verschmolzen werden. Für die Rohre wird hochfester CrMo-Stahl mit Wandstärken von weniger als 0,9 mm gezogen und später mit den Verbindungselementen hartverlötet. Dieses Verfahren ermöglicht eine formschlüssige Optik ohne störende Schweißnähte, die man sonst nur von Carbonrahmen kennt. Der Rahmen wurde nach dem strengen Sicherheitsstandard DIN ISO 4210 zertifiziert.
Alle Fertigungsschritte finden in Deutschland statt. Neben den hohen Qualitätsansprüchen wird in der gesamten Wertschöpfungskette besonders viel Wert auf Nachhaltigkeit gelegt. Das „Fair Frame Prädikat“ steht für diese Werte und soll Menschen für fair produzierte und gehandelte Produkte sensibilisieren. Sofern man es sich leisten kann, sollte man diesen Ansatz unbedingt unterstützen, da durch zahlreiche Beispiele inzwischen ausreichend belegt sein sollte, mit welchen negativen Auswirkungen ein möglichst günstiger Verkaufspreis einhergeht.
Die starre Stahlgabel besitzt eine 10 mm Steckachse. Außerdem hat sie eine innenverlegte Bremsleitung und verschiedene Gewindebuchsen z.B. zur Befestigung eines Schutzblechs oder von Taschen.
Das Oberrohr hat einen Außendurchmesser von 35 mm und die Form eines umgedrehten Tropfens. Ich weiß nicht wie ich es treffender beschreiben soll. Das Rohr ist im oberen Drittel am breitesten und wird nach unten hin etwas schmaler. Dadurch ist es nicht vollständig rund sondern wirkt in der Seitenansicht nach innen abgeschrägt. In Höhe des Sattels ist das Urwahn Logo in schwarzer Reflektionsfolie aufgeklebt.
Das Steuerrohr geht scheinbar nahtlos oben in das Ober- und unten in das Unterrohr über. In der Mitte ist es vom Durchmesser etwas schmaler als an den Enden, wo es die Lager des Acros Steuersatzes aufnimmt. Das Unterrohr ist kreisrund mit einem Durchmesser von 58 mm. Auf der Oberseite befindet sich vor dem Tretlager die Ladebuchse unter einer schwarzen Gummi-Abdeckung. Oberhalb der Ladebuchse befinden sich die üblichen Schrauben beispielsweise zur Befestigung eines Flaschenhalters. Auf der Unterseite des Unterrohrs findet man 2 weitere Schrauben, mit denen der Akku im Rohr verschraubt wurde.
Unterhalb des Tretlagers findet man eine Öffnung, über die man an den integrierten Akku kommt. Dies ist erforderlich, falls der Akku einmal gewechselt werden muss. Ansonsten ist die Entnahme des Akkus zum Beispiel zum Aufladen nicht vorgesehen. Die Öffnung ist mit einer Kunststoffabdeckung verschlossen. Vor dem Hinterrad kann ein Schutzblech an den Rahmen angeschraubt werden.
Die Form des Verbindungselements, das auch als Sattelrohr dient, kann man kaum beschreiben. Sie ist für die außergewöhnliche Optik des Rahmens verantwortlich. Das Sattelrohr ist dadurch allerdings auch verhältnismäßig kurz, so dass sich vom Tretlager bis zur Sattelaufnahme eine minimale Länge von ca. 68 cm ergibt, wenn die LightSKIN Sattelstütze so tief wie möglich im Sattelrohr sitzt. Bei meiner Körpergröße von ca. 1,78 m passt das super, wenn man jedoch kleiner ist, müsste man die Sattelstütze kürzen oder gegen eine Kürzere eintauschen.
Auf der Rückseite dieses Verbindungselements sowie an der Vorderseite des Steuerrohrs sitzt dekorativ etwas vertieft das Urwahn Logo – dem 3D Druck sei Dank.
Die Sattel- und Kettenstreben sind aus ovalen Rohren mit einem Durchmesser von 18 mm x 25 mm gefertigt. Auf der Kettenseite ist die Sattelstrebe unterbrochen und verschraubt. Dies erlaubt es theoretisch statt des Kettenantriebs auch einen Gates Carbon Drive Zahnriemen zu montieren. Beim Waldwiesel.E ist dies jedoch nicht vorgesehen.
Es laufen verschiedene Leitungen durch den Rahmen. Aus der linken Kettenstrebe tritt auf der Innenseite die Bremsleitung heraus. Durch die rechte Kettenstrebe wird der Schaltzug und eine Steuerleitung für den Sensor geführt. Die stromführende Leitung für den Motor kommt aus der Abdeckung unter dem Tretlager heraus und wird unten entlang der Kettenstrebe nach hinten geführt.
Antrieb und Motorisierung
Zunächst möchte ich auf den Kettenantrieb und die Schaltung eingehen. Die Kurbelgarnitur mit dem vorderen Ritzel sowie das Schaltwerk der 1-11 fach Kettenschaltung stammt aus der GRX RX600 Gruppe. Das spezielle Gravel-Schaltwerk überzeugt mit guter Gangabstufung und einem Ketten-Stabilisator, wie man ihn z.B. auch von der Shimano XT Schaltung kennt. Welche Kassette verbaut wurde, konnte ich nicht genau erkennen. Auf Grund des rot eloxierten Spiders würde ich auf ein Sunrace 11-fach Ritzelpaket tippen. Da bin ich mir aber nicht sicher. Die Kette ist eine KMC X11SL – alle Komponenten sind robust und werden vielfach eingesetzt. Das vordere Kettenblatt hat 40 Zähne, damit kommt man im schnellsten Gang gut vorwärts. Geschaltet wird über den rechten kombinierten Shimano GRX Brems- / Schalthebel. Die Schaltvorgänge erfolgen butterweich – so wie es sein soll.
Das es sich beim Waldwiesel.E um ein E-Bike handelt, ist auf den ersten Blick kaum zu erkennen. Das liegt an dem MAHLE X35 Antriebssystem, dessen größtes Bauteil – der Akku – vollständig im Unterrohr verschwindet. Wer etwas genauer hinsieht, erkennt natürlich den Motor in der Hinterradnabe, der ungefähr so groß ist, wie das größte Ritzel der Kassette.
Die Steuerung der Motorleistung erfolgt über die iWoc Trio Bedieneinheit, die am Lenker montiert ist und verschiedene Funktionen hat. Zum einen wird die Elektrik durch Doppelklick auf die mittlere Taste eingeschaltet bzw. durch langes Drücken für ca. 3 Sekunden wieder ausgeschaltet. Im eingeschalteten Zustand lässt sich durch kurzes Drücken der oberen oder unteren Taste des iWoc Trio die Leistungsstufe erhöhen oder verringern. Es werden 3 Stufen unterstützt und für wenige Sekunden nach dem Einstellen der Motorunterstützung farblich angezeigt. Bei der geringsten Unterstützung leuchtet die Anzeige grün, orange auf Stufe 2 oder rot für die höchste Unterstützungsstufe. Es ist auch möglich, die Unterstützung vollständig abzuschalten – dann leuchtet das iWoc Trio kurzzeitig in weiß.
Wenn keine der Tasten gedrückt wurde, zeigen die farbige LED Beleuchtung des iWoc Trio den Akkustand an. Leuchtet die Anzeige weiß, ist der Ladestand des Akkus größer als 75%. Solange der Akku noch mehr als halbvoll ist, leuchtet die Anzeige grün, darunter dann orange oder rot, wenn nur noch 25% der maximalen Akkuleistung zur Verfügung stehen.
Durch langes drücken der oberen Taste wird die Beleuchtung ein- oder ausgeschaltet und langes drücken der unteren Taste aktiviert die Schiebeunterstützung. Dabei unterstützt der Motor mit ca. 6 km/h ohne dass dafür in die Pedale getreten werden muss. Dieses Feature ist besonders hilfreich, wenn man das Waldwiesel.E über eine Rampe aus dem Keller schieben muss.
Bei hellem Sonnenlicht sind die beiden farbigen Anzeigen nicht besonders gut zu erkennen, ansonsten funktioniert das iWoc Trio einwandfrei.
Die Stärke des MAHLE Antriebssystem besteht vor allem darin, kaum aufzufallen und mit geringem Gewicht zu punkten. Die Leistungsdaten sind keinesfalls vergleichbar, mit herkömmlichen E-Bikes mit starkem Mittelmotor und riesigem Akku. Um den Kompromiss zwischen Leistung und Akkulaufzeit so sinnvoll wie möglich darzustellen, ermöglicht der MAHLE X35 Motor eine Unterstützung mit maximal 40 Nm, also deutlich weniger im Vergleich zu einem Bosch PerformanceLine Motor, der das Bike ungefähr doppelt so stark anschiebt.
Beim Waldwiesel.E habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Motorunterstützung nur beim Anfahren, leichten Steigungen oder bei starkem Gegenwind deutlich zu bemerken ist. Man fährt ja mit einem Rennrad oder Gravel Bike meistens schneller als 25 km/h. Darüber hinaus unterstützt der Motor dann nicht mehr und man muss selbst die Muskeln einsetzen, um schneller zu werden. Es macht aber total viel Spaß, beim Anfahren sozusagen elektrisch angeschoben zu werden und dadurch einfach schneller auf Geschwindigkeit zu kommen.
Der integrierte Akku hat eine Kapazität von 245 Wh – das soll laut Herstellerangaben für ca. 80 km reichen. Die Akkulaufzeit hängt allerdings stark von der Unterstützung ab, die der Motor leisten muss, somit wird jeder in Abhängigkeit der persönlichen Fahrweise unterschiedliche Reichweiten erzielen. Bei meinen Testfahrten hat der Akku bei voller Leistung zwischen 50-60 km gehalten. Wenn man die Leistungsstufe entsprechend reduziert, ist die Herstellerangabe realistisch würde ich sagen.
Bremsen
Die Bremsen am Waldwiesel.E kommen aus der Shimano GRX RX600 1-11 fach Gruppe. Genauer gesagt, sind an Vorder- und Hinterrad Shimano Deore SM-RT66 Bremsscheiben mit einem Durchmesser von 160 mm montiert, die durch Shimano GRX BR-RX400 Bremssätteln abgebremst werden. Bedient werden die vordere Bremse durch den Shimano GRX BL-RX600 Bremshebel und die hintere Bremse durch den kombinierten Schalt-/Bremshebel Shimano GRX ST-RX600.
Wie schon gesagt hätte ich der Preisklasse eine höhere Modellserie als die GRX RX600 Gruppe erwartet. Unabhängig davon packt die Bremse ordentlich zu und bringt das Waldwiesel.E jederzeit kontrolliert zum Stehen. Mit den großen Bremshebeln läßt sich die Bremskraft gut dosieren, dabei hat man immer das Gefühl, genügend Hebelweg für eine Vollbremsung übrig zu haben. Aus meiner Sicht eine absolut zuverlässige und völlig ausreichend dimensionierte Bremse.
Felgen und Bereifung
Urwahn hat sich beim Waldwiesel.E für die schwarze Felge Dutch des niederländischen Herstellers Ryde entschieden. Diese Felge ist aus hochwertigem, dickwandigem Aluminium und in Hohlkammerbauweise ausgeführt. Daher ist sie extra stabil und mit bis zu 120 kg Systemgewicht belastbar – also besonders gut für Gravel Bikes geeignet. Mein Testbike hatte Continental Terraspeed Reifen mit einer Breite von 40 mm (40-622) aufgezogen. Der Reifen bietet durch sein Noppenprofil guten Grip auf verschiedenen Untergründen und darüber hinaus einen gewissen Schutz vor Durchstichen durch die ProTection Technologie mit umlaufender Pannenschutzeinlage. Felge und Reifen sind beide Tubeless Ready, sie könnten also problemlos auf Tubeless umgebaut werden.
Für den Reifen sind Luftdrücke von 3 – 5 Bar empfohlen. Ich bin das Waldwiesel.E mit 3,5 – max. 4 Bar gefahren. Damit fand ich den Kompromiss zwischen Dämpfungseigenschaften, Rollwiederstand und Grip am besten.
Das Cockpit – Vorbau und Lenker
Der Acros Gravel Bar Lenker ist mit einer oberen Breite von 44 cm zwischen den beiden Bremshebeln bzw. 56 cm unten an den ausgebogenen Drops relativ breit und sorgt dadurch beim Fahren für eine gute Kontrolle. Darüber hinaus ist er angenehm dick und mit einem weichem, sehr griffigen Lenkerband bezogen. An der linken Seite ist direkt neben dem Vorbau die iWoc Trio Bedieneinheit montiert. Die ist aber eher schmal und fällt kaum auf im Gegensatz zu den wuchtigen Shimano GRX Bremshebeln, die zusammen mit der Form des Gravel Lenkers die Optik des Cockpits bestimmen.
Der Vorbau des Waldwiesel.E ist ein Satori Viper mit integrierter Zugführung. Der wirkt ziemlich massiv, ist dafür aber schnörkellos und sorgt durch die innenliegenden Züge und den großen ovalen Spacern für eine aufgeräumte Optik.
Würde man sie montieren, wäre am Lenker noch eine Knog OI Klingel, die wegen ihrer schmalen Form auf der rechten Lenkerseite ein guter Gegenspieler zum iWoc Trio wäre. Der weiße Reflektor ist vorgeschrieben, sofern man das Waldwiesel.E im öffentlichen Straßenverkehr bewegen möchte. Es gibt aber keinen Montagepunkt am Lenker, an dem er gut aussehen würde.
Wer das SP-Connect System verwendet, um z.B. sein Smartphone am Fahrradlenker zu befestigen, wird sich darüber freuen, dass statt einer herkömmlichen Ahead-Kappe eine SP-Connect Halterung am Vorbau montiert ist.
Sattelstütze und Sattel
Wenn man sein Waldwiesel.E mit Beleuchtung bestellt hat, ist so wie an meinem Testbike eine LightSKIN Alu-Sattelstütze mit einer Länge von 30 cm verbaut. Nach hinten leuchten 5 eingebaute, runde LEDs StVZO konform. Die Sattelstütze ist so konstruiert, das die unteren 3 LEDs theoretisch im Sattelrohr verschwinden könnten, um den Sattel tiefer einzustellen. Beim Waldwiesel.E ist dieses Feature der Sattelstütze jedoch nutzlos. Die unterste LED guckt mindestens 6 cm aus dem Rahmen heraus, selbst wenn die Sattelstütze so tief wie möglich im Sitzrohr steckt.
Den richtigen Fahrradsattel für sich zu finden, ist ja immer so eine Sache. Der spezielle Gravel Sattel Fizik Terra Argo X3 passt für mich aber erstaunlich gut. Er ist verglichen mit anderen Satteln etwas kürzer und elastischer. Dadurch soll er Vibrationen und kleine Schläge besser absorbieren und sich dadurch komfortabler anfühlen. Eine weitere Komponente also, die neben Rahmen und Reifen auf den Fahrkomfort einzahlen. In der Kombination erfüllt es alles seinen Zweck würde ich sagen.
Beleuchtung
Als optional erhältlicher Frontscheinwerfer war an meinem Testbike ein LightSKIN U2 unterhalb des Vorbaus montiert. So wie der Motor wird auch die Beleuchtung über den Akku betrieben. Der StVZO zugelassene Frontscheinwerfer erzielt dann eine Helligkeit von 150 Lumen. Das ist zwar nicht besonders hell, man wird aber zuverlässig von anderen Verkehrsteilnehmern gesehen. Außerdem passt der kleine und nur 25 g leichte Scheinwerfer perfekt in das minimalistische Designkonzept.
In Punkto Helligkeit greift Urwahn inzwischen auf den Supernova E3 zurück. Der ist zwar etwas größer als der LightSKIN U2, dafür aber auch heller und optisch ebenfalls sehr ansprechend.
Das Rücklicht ist in der LightSKIN Sattelstütze integriert. Ebenfalls eine schöne Lösung wenn man kein zusätzliches Rücklicht montieren möchte. Ohne Beleuchtung wirkt die schwarze Sattelstütze völlig unscheinbar. Mit eingeschalteter Beleuchtung scheinen die 5 LEDs sehr hell und werden aus jedem Sichtwinkel gut wahrgenommen.
Die Beleuchtung kann im Shop optional dazu gebucht werden, aus meiner Sicht gibt es aber keinen Grund, die Lampen wegzulassen. Sie bieten ja auch tagsüber zusätzliche Sicherheit.
Wie fährt sich das Waldwiesel.E?
Wie schon beschrieben fährt es sportlich schnell. Aus dem Stand heraus beschleunigt man durch den zusätzlichen Motorantrieb extrem gut, sofern man die höchste Fahrstufe ausgewählt hat. In den beiden niedrigeren Fahrstufen fährt man sparsamer und spart dadurch Akkuleistung. Ich bin fast ausschließlich mit voller Leistung gefahren, da mir der zusätzliche Vortrieb in der Stufe am meisten Spaß gemacht hat. Ich gehöre allerdings auch eher zu den schwereren Fahrern. Wenn man nur 70 kg wiegt, hat man wahrscheinlich mit mittlerer Leistung die gleiche Beschleunigung und zusätzlich den angenehmen Nebeneffekt, dass der Akku 15-20 km länger hält.
Wer die prozentuale Unterstützungsleistung individuell verändern möchte, kann die Motor Kennfeld Einstellung über die MAHLE Smartphone App wie gewünscht anpassen. Es gibt 3 vorkonfigurierte Profile „Eco“, „Urban“ und „Sport“, sowie ein veränderbares Profil „Custom“ mit dem man die Motorleistung in den 3 Unterstützungsstufen selbst bestimmen kann.
Die App hat noch andere nützliche Features, wie z.B. die Lokalisierung des Bikes, die Auswertung der Herzschläge bei gekoppeltem Pulsgurt oder das Hochladen der Aktivitäten bei Strava. Zur Darstellung der Leistungsdaten oder Aufzeichnung von Aktivitäten gibt es allerdings bessere Apps – Strava zum Beispiel. Darin kann ich zwar den genauen Akkustand und die theoretisch verbleibenden Kilometer nicht sehen, die Anzeige ist aber aus meiner Sicht ohnehin nicht besonders genau.
Wenn der Akku einmal leer sein sollte oder man bewusst die Motorunterstützung abgeschaltet hat, fährt sich das Waldwiesel, wie ein herkömmliches Gravel Bike. Auch wenn ich beim Pedalieren den Eindruck hatte, gegen einen geringen Widerstand antreten zu müssen. Wenn das Bike nur rollt, läuft es leicht und scheint nicht zusätzlich abgebremst zu werden.
Ansonsten muss ich sagen, macht das Waldwiesel.E enorm viel Spaß. Es fährt sehr komfortabel, auch wenn die Fahrbahnqualität einmal zu wünschen übrig lässt. Durch den breiten Gravel Lenker und die 40 mm breiten Reifen ist das Bike jederzeit gut kontrollierbar. Außerdem vermittelt die gute Bremswirkung der Scheibenbremsen und die gut zu bedienenden, großen Bremshebel viel Sicherheit. Das Waldwiesel.E verfügt über gute Dämpfungseigenschaften, dadurch bleibt es auch auf längeren Strecken komfortabel, sogar ohne zusätzliche Sitzpolster. Auch wenn ich den Fizik Sattel bereits gelobt habe, hat er sicherlich einigen Anteil daran.
Eine Besonderheit ist mir auf meinen Testfahrten aufgefallen, die ich in der Form von meinen anderen Fahrrädern nicht kannte. Man wird gefühlt an jeder Ecke auf das Waldwiesel.E angesprochen. Die außergewöhnliche Rahmenform und auch die Nickelbeschichtung sind nicht alltäglich und fallen scheinbar anderen Radfahrern auf.
Vor- und Nachteile
Pro:
+ Außergewöhnliche Optik
+ Hoher Spaßfaktor
+ Komfortable Fahreigenschaften
+ Solide Komponenten
+ Wird nicht als E-Bike wahrgenommen
+ Nachhaltige Produktion in Deutschland
+ Verhältnismäßig geringes Gewicht
Contra:
– Zu geringe Akkulaufzeit mit voller Motorleistung
– Farbige LEDs am iWoc Trio schlecht erkennbar
– Hoher Anschaffungspreis
Technische Daten
Ich beschreibe die Ausstattung meines Testbikes. Über den Onlineshop stehen aktuell teilweise alternative Komponenten zur Auswahl.
- Rahmen: Urwahn ST-BB-V7F | CrMo Stahl | integrierte Rahmenöffnung | Flatmount Aufnahmen | interne Zugverlegung
- Rahmengrößen: XS | S | M | L | XL – das Testrad hatte die Rahmengröße M
- Rahmenfarben: Asphalt | Beton | Kobalt | Oxid | Gold | individueller RAL Farbton | Sonderbeschichtungen in Nickel oder Kupfer – mein Testrad hatte eine Nickelbeschichtung.
- Gabel: Urwahn CT1-FK1 | Tapered | Flatmount Aufnahmen | interne Zugverlegung
- Felgen: Ryde Dutch 19 Disc | 32 Loch | 19-622
- Naben: Urwahn VR Disc 6L | MAHLE ebikemotion HR 40Nm Motor Disc 6L
- Reifen: Continental Terra Speed | 40-622mm
- Steuersatz: Acros AIX-525 IS | interne Kabelführung | vollständig integriert
- Vorbau: Satori Viper mit Acros ICR | 31.8mm
- Lenker: Acros Gravel-Bar | 440mm – 560mm | 25° flare | Acros Silkon Bar Tape
- Frontlicht: LightSkin UE Mini | StVZO konform
- Sattelstütze: LightSKIN Sattelstütze mit integriertem Rücklicht | StVZO-konform
- Sattel: Fizik Terra Argo X3 | 160mm | Rail Kium Mobius
- Bremsen: Shimano GRX ST-RX600 / BR-RX400 | hydraulische Scheibenbremsen
- Bremsscheiben: Shimano Deore SM RT66 160 mm
- Kurbel: Shimano GRX 600 | 170 oder 160mm | Hohlachse | LK 5×130 | BSA
- Tretlager: Acros A-BB R2 | Hohlachse | BSA
- Schaltung: Shimano GRX 600 1-11-F Schaltwerk lang
- Kettenblatt/Kette: Shimano GRX 11S 40T | KMC X11SL Kette
- Motor: MAHLE ebikemotion Hinterradnabenmotor | 250W Leistung | 40Nm Drehmoment | bis 25km/h Unterstützung
- Akku: MAHLE ebikemotion | im Unterrohr integriert | 245Wh Kapazität (bis zu 80km) | Wartung über Tretlageröffnung
- Bedieneinheit: MAHLE ebikemotion iWoc TRIO | 3-stufig | am Lenker montiert
- Gewicht: 14,8 kg (Rahmengröße M)
Weitere Informationen
- Produktdetailseite des Waldwiesel.E auf der Urwahn Homepage
- Produktdetailseite im Urwahn Onlineshop
Hinweis zur Transparenz
Die Firma Urwahn Engineering GmbH hat mir das Waldwiesel.E für den Test leihweise und kostenlos zur Verfügung gestellt. Der Testbericht spiegelt einzig und allein meine Meinung und die Erfahrungen wieder, die ich während des Testzeitraums mit dem Rad gemacht habe. Urwahn hat zu keiner Zeit Einfluss auf den Inhalt des Testberichtes genommen.