Vor knapp 3 Jahren durfte ich die gefederten velospring Sen Comfort Fahrradgriffe aus Nussbaumholz testen. Auf der Eurobike in Frankfurt habe ich erneut den Stand von velospring besucht und kam zum ersten Mal mit den neuen Art Comfort Griffen in Berührung. Dabei handelt es sich ebenfalls um gefederte Fahrradgriffe, die allerdings deutlich preisgünstiger sind, als der edle Vorgänger aus Nussbaumholz.
Netterweise hat mir Klaus Mildenberger, der Erfinder des integrierten Federmechanismus und Hersteller der velospring Griffe, ein Paar der neuen „Art Comfort“ zum Testen zur Verfügung gestellt. Wie sie funktionieren und welche Unterschiede es im Vergleich zu den Sen Comfort Holzgriffen gibt, das beschreibe ich in dem folgenden Bericht.
Was ist im Lieferumfang enthalten?
Herkömmlichen Fahrradgriffe werden über die Lenkerenden gestülpt und dort mit einem Klemmmechanismus befestigt. Das besondere an den velospring Griffen ist vor Allem das für die Federung verantwortliche und im montierten Zustand unsichtbare Innenleben. Deshalb besteht ein Set Art Comfort Griffe neben den Griffen auch noch aus je einem Federelement mit entsprechendem Zubehör und Montagematerial, um dieses im Lenkerrohr zu verspannen und daran dann die Griffe zu befestigen. Das Ganze ist also in Bezug auf die Montage und Funktionsweise etwas komplexer als bei konventionellen Fahrradgriffen.
Zusätzlich sollte erwähnt werden, dass die Verpackung der velospring Griffe ausschließlich aus umweltfreundlichem Karton besteht. Das Thema Nachhaltigkeit wird ja immer wichtiger. Ich finde gut, dass velospring hier mit gutem Beispiel voran geht.
Im Detail aufgelistet besteht das Set aus den folgenden Komponenten:
- 2 Griffe aus TPU – für das linke und rechte Ende des Lenkers, wahlweise rechts gekürzt für Drehgriff-Schaltungen
- 2 Art Comfort Federelemente – vormontiert
- 4 alternative Gummihülsen für kleinere Lenker-Innendurchmesser
- 2 alternative Kunststoffringe für kleinere Lenker-Innendurchmesser
- 2 selbstklebende Teflonbänder
- 2 Endkappen
- 1 Werkzeug mit 2 Maulschlüsseln (15 & 19 mm)
- 1 Spezialwerkzeug das für die Montage benötigt wird
- 1 bebilderte Montageanleitung
Wie werden die Art Comfort Griffe montiert?
Die Federelemente passen für Lenker-Innendurchmesser von 16,5 – 20 mm. Für Lenker mit einem Innendurchmesser von 18-20 mm passen sie bereits direkt nach dem Auspacken. Ist der Lenker-Innendurchmesser kleiner als 18 mm, müssen die vormontierten dickeren Gummihülsen gegen die beiliegenden 16,5 mm Hülsen mit geringerer Wandstärke ausgetauscht werden. Dazu entfernt man die Mutter von dem Federelement und kann anschließend die beiden Aluminium-Scheiben, die Gummihülsen und das dazwischenliegenden Kunststoffröhrchen abziehen. Anschließend baut man das Federelement mit den dünneren Hülsen wieder zusammen. Durch Anziehen der vorderen 15 mm Mutter erhöht sich die Vorspannung der Gummihülsen so dass diese mehr und mehr gestaucht werden. Dadurch vergrößert sich der Außendurchmesser des gesamten Federelements. Die Vorspannung ist dann korrekt eingestellt, wenn sich das Federelement nur noch mit etwas Widerstand in das Lenkerrohr einschieben läßt.
Um das eingeschobene Federelement im Lenker zu verspannen, dreht man die 19 mm Mutter, die nach dem Einschieben direkt am Lenkerende anliegt, im Uhrzeigersinn. Dabei hält man den äußeren Klemmring mit dem Spezialwerkzeug fest und dreht das Federelement 2-5 mm aus dem Lenker heraus. Dadurch wird die Spannung im Lenker weiter erhöht bis es sich nicht mehr verdrehen läßt. Anschließend läßt sich der Griff aufschieben und mit der Innensechskantschraube an der Unterseite der Griffe wie bei herkömmlichen Lock-On Griffen in der gewünschten Position fixieren.
Da die Federelemente an den Lenkerenden ca. 1 cm herausragen, vergrößert sich die Gesamtlänge des Lenkers entsprechend. Allerdings sind die Art Comfort Griffe auch relativ breit, und man hält sie nicht am äußersten Ende. Dadurch verändert sich die Griffweite kaum bis gar nicht.
Insgesamt gesehen ist die Montage der Art Comfort Griffe einfach. Sie erfordert aber etwas mehr handwerkliches Geschick, als das Montieren von herkömmlichen Fahrradgriffen. Der Lenker muss für die Verwendung der Art Comfort Griffe nicht gekürzt oder verändert werden. Sollte man sich später irgendwann dazu entscheiden, alles wieder in den Ursprungszustand zu versetzen, ist dies also problemlos möglich. Das ist einer großen Unterschiede zu den Sen Comfort Holzgriffen, bei denen der Lenker an jeder Seite gekürzt werden musste.
Wie funktioniert die Federung?
Die Griffe sind nicht fest mit dem Lenkerrohr verbunden, so wie es bei herkömmlichen Griffen der Fall ist. Stattdessen werden Sie auf dem äußeren Metallring des Federelemente montiert, das aus dem Lenkerrohr herausragt. Dieser äußere Ring und das darauf befestigte Griffstück sind nur durch eine Torsionsfeder mit dem Gehäuse des Federelements verbunden. Dadurch ist der Griff drehbar gelagert – durch Verdrehung des Griffes spannt sich die Torsionsfeder. Je stärker der Griff durch eine Belastung nach unten bewegt wird, umso größer wird die Spannung im Federelement. Sobald die Belastung nachlässt, entspannt sich die Torsionsfeder wieder und der Griff dreht sich zurück in die Ausgangsposition. Dadurch dass der Widerstand mit zunehmender Verdrehung zunimmt, reagiert der Griff aus der Neutralstellung heraus sehr sensibel, setzt aber der Belastung umso mehr Kraft entgegen, je weiter der Griff in eine Richtung gedreht wird.
Generell übertragen sich Kräfte wie z.B. ein durch eine Bodenwelle ausgelöster „Schlag nach oben“ über den Lenker auf die Hände und Arme bis hoch zu den Schultern. Das größte Belastungsmoment erfahren dabei die Handgelenke. Dieser Kraftübertragung wirkt die Federung entgegen, in dem die Griffe die Belastung größtenteils aufnehmen und dadurch deutlich weniger Kräfte auf den Körper einwirken.
Eigenschaften von thermoplastischem Polyurethan (TPU)
Die velospring Art Comfort Griffe werden aus TPU hergestellt. Natürlich reichte der Testzeitraum nicht aus, um irgendwelche Abnutzungserscheinungen feststellen zu können. Ich beziehe mich daher auf Materialeigenschaften, die man im Internet recherchieren kann. Thermoplastisches Polyurethan zeichnet sich vor allem durch seine hohe mechanische Festigkeit und die sehr gute Abriebfestigkeit aus. Das Material ist relativ hart und nahezu unempfindlich gegen Stöße oder Witterung. Feuchtigkeit, Sonneneinstrahlung, Kälte durch Schnee oder Eis sowie Staub und Schmutz machen dem Material nichts aus.
Die meisten herkömmlichen Griffe werden mit der Zeit durch Abnutzung immer schlechter. Darüber hinaus enthalten sie Weichmacher, die sich nach und nach verflüchtigen. Das führt dazu, dass die Oberfläche schmierig oder klebrig wird. TPU hingegen ist auf Grund der oben genannten Materialeigenschaften wesentlich langlebiger und haltbarer. Der Hersteller-Beschreibung nach behalten die Griffe auch nach Jahren, ihre Struktur und Oberfläche, ohne merkbare Veränderung bei. Sollten sie dennoch einmal ausgewechselt werden müssen, muss nicht der komplette Griff entsorgt werden. Es ist auch möglich, nur die benötigten Einzelteile auszutauschen. Da freut sich die Umwelt und der Geldbeutel.
Die Griffe sind ergonomisch geformt und liegen sehr gut in der Hand. Neben normal breiten Griffen wird auch eine Variante mit gekürztem rechten Griff für Drehgriff-Schaltungen angeboten. Die Griffe sind hinsichtlich Durchmesser und Breite verhältnismäßig groß. Daher sind sie aus meiner Sicht für Fahrer mit normalgroßen bis großen Händen geeignet. Obwohl die Oberfläche relativ hart ist, bieten sie den Händen guten Halt und vermitteln jederzeit ein kontrolliertes Lenkgefühl. Um die Haptik zu verbessern, ist die Oberfläche an den Auflageflächen der Hände mit einer griffigen Struktur versehen. Ansonsten fühlt sich das Material etwas stumpf an, was mir persönlich gut gefällt.
Die ergonomische Form der Griffe sorgte auch während sehr langen Ausfahrten dafür, dass meine Hände und Finger nicht einschlafen oder anfangen zu kribbeln. Da sind ergonomische Griffe durchaus nicht alle gleich. Ich habe schon verschiedene Griffe von unterschiedlichen Herstellern ausprobiert und einige davon konnten diesem Problem trotz ergonomischer Form nicht vollständig entgegenwirken. Durch die Beweglichkeit und Größe verleiten die velospring Griffe zum aktiven (um-)greifen. Dadurch verändert man immer mal wieder die Position der Hand am Griff.
Mein Testfazit
Wie auch schon das Vorgängermodell sind die Art Comfort Fahrradgriffe von velospring meiner Meinung nach sowohl optisch als auch technisch eine Aufwertung am Fahrradlenker. Die Federung ist im Vergleich zu den Sen Comfort Griffen etwas weicher und wie ich finde dadurch noch komfortabler. Die Federung reagiert auf Stöße und Bodenwellen schnell und sensibel, man kann die Funktionalität aber nicht mit der Federung einer Federgabel vergleichen, da die Griffe den Kontakt zur Fahrbahn nicht verändern. Die Auswirkungen der Kräfte, die bei Unebenheiten auf den Körper wirken, werden aber effektiv verringert. Besonders an Rädern mit einer starren Gabel, wie an meinem Trekking bzw. Reiserad bringen die gefederten Griffe von velospring eine echte Verbesserung der Fahrqualität. Bodenwellen, Auf- und Abfahrten in Kreuzungsbereichen oder auch kleinere Schäden des Radweges absorbiert die Federung sehr gut. Natürlich kommt sie z.B. bei Schlaglöchern an ihre Grenzen – aber dafür sind die Griffe auch nicht gemacht. Sie sollen sämtliche Kräfte verringern, die beim Fahren auf den Körper einwirken. Und das funktioniert aus meiner Sicht ziemlich gut.
Die Zielgruppe der velospring Griffe sind Radfahrer, bei denen der Komfort auf dem Rad im Vordergrund steht. Besonders interessant sind die Art Comfort Griffe für City-, Trekking- und Reiseradfahrer, die zu Gunsten des Komforts dazu bereit sind, den etwas höheren Anschaffungspreis in Kauf zu nehmen. Neben den gefederten Sen Comfort Holzgriffen für knapp 220 EUR kosten die Art Comfort immerhin 100 EUR weniger. Dennoch sind 120 EUR für Fahrradgriffe natürlich kein Schnäppchen. Unter Berücksichtigung der hochwertigen Materialien der Komponenten, der Langlebigkeit und des Federelements, dass die eigentliche Funktionalität und damit den zusätzlichen Mehrwert der Griffe mit sich bringt, relativiert sich der Preis aus meiner Sicht.