Ich habe schon oft darüber nachgedacht, die Reifen meines Mountainbikes auf Tubeless umzurüsten. Allerdings habe ich das bis jetzt immer vor mir hergeschoben, obwohl mir jeder, mit dem ich darüber gesprochen habe, zu dem Umbau geraten hat. Bis heute gab es nur wenig Ärger mit platten Reifen auf Ausfahrten, daher stand das etwas weiter unten auf meiner ToDo Liste. Darüber hinaus bin ich bisher davon ausgegangen, dass mein erster Tubeless Umbau eine ziemliche Sauerei mit der Dichtmilch werden wird.
Wie auch immer. Gestern Abend stand das Bike mit plattem Vorderrad im Keller – vermutlich damit ich hier endlich tätig werde. Also war ich heute in der Rose Biketown um Felgenband, Dichtmilch und vor allem eine geeignete Tubeless Pumpe zu kaufen.
Wenn man sich bisher noch nicht über Dichtmilch informiert hat, ist die Auswahl riesengroß. Normalerweise kaufe ich in den seltensten Fällen das günstigste Produkte, aber auch nicht das Teuerste – also eine Dichtmilch im mittleren Preissegment. ich gehe mal davon aus, dass jeder Hersteller überwiegend flüssiges Latex reinmischt und das ganze dann mit Granulaten und allerhand Zeugs anreichert, die es der Milch erleichtern, Löcher abzudichten. Einfacher gesagt werden die alle ähnlich und vermutlich vergleichbar gut funktionieren. Die Firma Schwalbe legt ihrer 500ml Flasche Doc Blue Dichtmilch noch eine zusätzliche kleinere Flasche mit einem Fassungsvermögen von 60ml bei. Sie dient zum einfachen abmessen der benötigten Menge pro Reifen und kann außerdem oben auf das Ventil aufgesetzt werden. Wenn man auf diesem Weg die Dichtmilch in den Reifen einlaufen lassen möchte, muss man das Innenleben des Ventils logischerweise vorher herausschrauben.
Da man durch den Umbau ja auf einen Schlauch verzichten möchte, benötigt man spezielle Tubeless Ventile, die direkt in die Felge eingeschraubt werden. Diese Ventile haben am unteren Ende ein Formstück aus Gummi, das sich der Form der inneren Felge anpassen kann und dadurch die Fläche um das Ventil gut abdichtet.
Eine wichtige Information hab ich noch vergessen. Bevor man alles für den Tubeless Umbau einkauft, sollte man sich vergewissern, dass Felgen und Mäntel Tubeless ready sind. Am Mantel kann man das am einfachsten daran erkennen, dass es außen drauf steht. Bei meinem Schwalbe Racing Ralph ist auf der Reifenflanke die Abkürzung „TLE“ zu finden – das bedeutet „TubeLess Easy“ – also „geeignet“ sozusagen.
In Bezug auf die Felge schaut man am besten auf der Herstellerseite nach, denn der sollte es am besten wissen.
Sofern die Felge ebenfalls Tubeless geeignet ist, muss sie dennoch auf der Innenseite mit einem Felgenband abgedichtet werden. Das gibt es ebenfalls von vielen verschiedenen Herstellern. Ich habe für mein Vorhaben das 23mm breite Felgenband von DT Swiss gekauft. So passt es von der Marke her am besten zu meinen DT Swiss Felgen. Natürlich ist die Marke aber relativ unwichtig und andere Felgenbänder werden die Speichennippel ebenfalls abdichten.
Das Felgenband sollte die richtige Breite haben und mittig zu den beiden Felgenholmen rund um die Felge eingeklebt werden. Damit keine Undichtigkeit besteht, muss man dabei sehr sorgfältig arbeiten und sinnvollerweise die Innenseite der Felge vorher gut reinigen, z.B. mit Isopropanol Alkohol.
Nachdem die Felge entsprechend vorbereitet wurde, wird der Mantel in gewohnter Art und Weise aufgezogen. Sofern man laufrichtungsgebundene Mäntel hat, sollte man darauf achten, sie richtig herum zu montieren. Die Laufrichtung ist in der Regel ebenfalls außen auf dem Mantel durch einen Pfeil markiert.
Damit sich die Wulst an den Enden der Reifenflanken einfacher in den Felgenholm hineinsetzt, sollte sie großzügig mit Seifenschaum eingeschmiert werden. Guten Seifenschaum erzeugt man mit einem Schwamm und Spülmittel. Alternativ hat Schwalbe etwas Vergleichbares mit dem Namen „Easy Fit“ im Programm.
Wenn man so weit gekommen ist, hat man genau den Moment erreicht, um den ich mir die meisten Sorgen gemacht habe. Im nächsten Schritt muss nämlich der Reifen wieder mit Luft befüllt werden. Ich habe mir dazu einige Toutorials auf Youtube angesehen. In den meisten wurde einfach eine abgemessene Menge Dichtmilch an einer Seite in den Mantel eingefüllt und das Ganze anschließend mit einem Kompressor befüllt. In den Videos sah das einfach aus, allerdings besitze ich keinen Kompressor. Ich habe höchstens ein paar CO2 Patronen, die in kurzer Zeit etwas mehr Druck erzeugen, als meine herkömmliche Standpumpe.
Im Fahrradladen habe ich mir dann den Schwalbe Tire Booster angesehen und entschieden, dass sich die Anschaffung mittelfristig lohnt. CO2 Kartuschen ja schließlich auch nicht umsonst. Der Tire Booster besteht aus einem Druckbehälter, der über ein Ventil mit Luft befüllt wird. Bis zu 11 Bar kann man den Tire Booster unter Druck setzen und den gesamten Inhalt der Flasche dann über einen Schieber freisetzen. Bei geöffnetem Schieber entweicht auf diese Weise eine große Menge Luft über einen Schlauch, der mit einem Schraubanschluss auf das Tubeless Ventil aufgeschraubt wird.
Damit möglichst viel Luft im Reifen ankommt, habe ich für diese Erstbefüllung das Ventil-Innenteil herausgeschraubt. Diese Prozedur dient allein dazu, den Mantel ordentlich auf der Felge zu platzieren, bevor die Dichtmilch eingefüllt wird. Das der Mantel richtig sitzt kann man sowohl hören als auch sehen. Es knallt mehrfach sobald die freigesetzte Luft den Mantel in den Felgenholm drückt. Zusätzlich kann man gut erkennen, wenn der Mantel nicht an allen Stellen gleichmäßig auf der Felge sitzt. In diesen Fall muss er einfach noch etwas weiter aufgepumpt werden – irgendwann passt er dann.
Anschließend wird die Luft wieder aus dem Reifen gelassen, indem man den Tire Booster einfach von dem Ventil abschraubt. Durch das Ventil wird jetzt die richtige Menge Dichtmild in den Reifen eingebracht. Mit der kleinen Doc Blue Flasche geht das einfach und vor allem ohne mit der Dichtmilch eine regelrechte Sauerei zu veranstalten. Die Flasche fasst genau 60ml, was die durchschnittlich empfohlene Menge pro Reifen ist. Bei breiten Reifen kann man ruhig etwas mehr einfüllen und da viel ja bekanntlicherweise auch viel hilft, kamen in meine Reifen knappe 90ml Dichtmilch.
Nach dem Einfüllen kann das Ventil wieder fest eingeschraubt werden. Bevor der Reifen dann abschließend aufgepumpt wird, muss sich die Dichtmilch gut im Inneren des Reifens verteilen. Dazu empfiehlt es sich, das Laufrad ordentlich zu drehen und durchzuschütteln. Zum Schluß kommt wieder Luft in den Reifen und wenn man alles richtig gemacht hat, fährt man ab sofort Tubeless.
Mein Fazit
Ich hätte ehrlich gesagt nicht gedacht, dass der Umbau so einfach von statten geht. Es kommt aber schon darauf an, die einzelnen Arbeitsschritte zu kennen und diese auch richtig auszuführen. Nur so hält der Reifen am Ende auch dauerhaft dicht. Wer genau wie ich keinen Kompressor besitzt, dem rate ich die Anschaffung einer geeigneten Tubeless Pumpe. Damit ist das schnelle Aufpumpen dann ganz einfach und ist irgendwann auch günstiger als dabei eine CO2 Kartusche nach der anderen zu verbrauchen.
Noch ein kurzer Hinweis zur Transparenz:
Wie oben beschrieben, habe ich für den Umbau alle benötigten Teile selbst erworben. Auch wenn der Bericht etwas „Schwalbe lastig“ aussieht – ist dies in der Tat eher Zufall. Die Firma Schwalbe hat keinen Schimmer davon, dass ich den Umbau mit deren Produkten durchgeführt habe. Vielmehr hätte ich genauso gut auch jeden anderen Hersteller nehmen können.
Gute Beschreibung der Arbeitsschritte! Ich rüste auch in ein paar Tagen auf tubeless um, mit dem entsprechenden Schwalbe Umrüstkit.
Bin sehr gespannt, ob es mir auch so einfach von der Hand geht.
Da ich letzte Woche sowieso neue Felgen kaufen musste, hab ich mir überlegt, ebenfalls auf Tubeless umzurüsten. Der Versuch endete aber im Frust: Zuerst bekommen ich die Reifen trotz aller Hilfsmittelchen nicht auf die Felgen und breche Reifenheber ab ; zum Schluss dann noch meine Fingernägel! Echt mühsam. Mach nächste Woche nochmals einen Anlauf. Habs mir aber echt einfacher vorgestellt.