Auf die gefederten velospring Fahrradgriffe aus Nussbaumholz bin ich schon vor einigen Jahren aufmerksam geworden. Holz gefällt mir als Werkstoff sehr gut, daher sprechen mich die Griffe optisch besonders an. Darüber hinaus finde ich die Funktionsweise der Federung innovativ. In die Griffe integrierte Federelemente federn Schläge ab, die auf den Lenker einwirken. Dadurch übertragen sich die Kräfte nicht mehr in vollem Umfang auf die Unterarme, Hände und Gelenke.
Ich war auf dem Unterschied von gefederten, zu herkömmlichen Fahrradgriffen gespannt und wollte herausfinden, ob und für wen sich die Anschaffung lohnt. velospring hat mir freundlicherweise ein Set der „sen comfort“ Griffe für einen ausgiebigen Produkttest zur Verfügung gestellt. In dem folgenden Testbericht beschreibe ich die Griffe im Detail und schildere meine Erfahrungen, die ich in den vergangenen Monaten damit gemacht habe.
Die velospring sen comfort Griffe kommen in einer umweltfreundlichen Verpackung aus Wellkarton. In Lieferumfang sind die folgenden Komponeten enthalten:
- 2 Holzgriffe – für das linke und rechte Ende des Lenkers
- 2 sen comfort Federelemente – vormontiert
- 2 Spezialschrauben aus Edelstahl mit Torxtrieb
- 4 alternative Gummihülsen für größere Lenker-Innendurchmesser
- 2 Kunststoffringe zur Erhöhung der Vorspannung
- 4 selbstklebende Teflonbänder
Anpassung an verschiedene Lenkerdurchmesser
Die Federelemente passen für die Innendurchmesser der meisten Lenker. Bei größerem Innendurchmesser müssen die vormontierten Gummihülsen gegen die beiliegenden Hülsen mit dickerer Wandstärke ausgetauscht werden. Dazu entfernt man die Mutter von der Aluminiumhülse und kann anschließend die beiden Gummihülsen und das dazwischenliegenden Kunststoffrohr abziehen. Zusätzlich zu den dickeren Gummihülsen kann man vor der Mutter auch noch einen weiteren Kunststoffring zur Erhöhung der Vorspannung aufschieben.
Montage der Griffe
Die Montage ist einfach, erfordert aber etwas mehr handwerkliches Geschick, als das Montieren von herkömmlichen Fahrradgriffen. Zusätzlich muss man sich darüber im Klaren sein, das der Lenker an beiden Seiten um ca. 5cm gekürzt werden muss. Sollte man sich später irgendwann dazu entscheiden, alles wieder in den Ursprungszustand zu versetzen, benötigt man einen neuen Lenker. In den wenigsten Fällen wird man sich damit abfinden können, den gekürzten Lenker mit Standardgriffen zu fahren.
Der Aluminiumlenker, den ich am Trekkingrad fahre, ist in der Anschaffung relativ erschwinglich, daher hatte ich nicht viele Bedenken an jeder Seite knapp 5 cm abzusägen. Idealerweise verwendet man dafür einen Rohrschneider und keine Eisensäge, so wie ich. Leider hab ich keinen und wollte auch keinen anschaffen, da auch dieser mehr kostet, als der Lenker. Mit der Säge hat es auch prima funktioniert, man muss aber darauf achten, dass der Abschnitt rechtwinklig zum Lenker erfolgt und später die Schnittkanten ordentlich zu entgraten.
Das Federelement wird bis zur Mutter in den Lenker gesteckt, so dass am Ende noch ungefähr 3,5 cm davon herausschauen. In das Gewindeloch des Adapterstücks wird zur Montage die Spezialschraube eingedreht. Sie dient dazu, das Element gerade auszurichten und gleichzeitig in Position zu halten, während man mit einem 19er Maulschlüssel die Mutter anzieht.
Durch das Anziehen der Mutter werden die Gummihülsen zusammengestaucht und verklemmen sich im Lenkerrohr, bis sich das Aluminiumrohr des Federelements nicht mehr verdrehen lässt. Für Lenker mit sehr kleinem Innendurchmesser hat velospring passende kleinere Federelemente im Programm.
Fertig montiert und festgezogen sollte die Spezialschraube parallel zum Boden ausgerichtet sein. Die Schraube kann jetzt wieder entfernt werden, damit sich die Holzgriffe aufschieben lassen. Vorher werden auf dem Lenker noch Teflonbänder aufgeklebt – an jeder Lenkerseite zwei Stück, so dass sie durch den Holzgriff verdeckt werden. Die Griffe habe auf der Vorderseite ein Loch, durch das sie sich mit dem Adapterstück des Federelements verschrauben lassen. Die Spezialschraube wird so weit eingeschraubt, dass sie bündig mit dem Griff abschließt bzw. geradeso darin “verschwindet”.
Funktionsweise der Federung
In aller Kürze erklärt: Die Griffe sind auf dem Lenkerrohr nicht wie bei herkömmlichen Griffen fest, sondern beweglich montiert. Wenn durch eine Belastung der Griff nach unten bewegt wird, verdreht sich ein Federstahl innerhalb des Federelements und wird dadurch gespannt. Sobald die Belastung nachlässt, entspannt sich der Federstahl wieder und der Griff dreht sich zurück in die Ausgangsposition. Dadurch dass der Widerstand mit zunehmender Verdrehung zunimmt, reagiert der Griff aus der Neutralstellung heraus sehr sensibel, setzt aber der Belastung umso mehr Kraft entgegen, je weiter der Griff in eine Richtung gedreht wird.
Wenn man z.B. über eine Bodenwelle fährt, überträgt sich die Kraft bzw. der durch die Bodenwelle ausgelöste „Schlag nach oben“ über den Lenker auf die Hände und Arme bis hoch zu den Schultern. Das größte Belastungsmoment erfahren dabei die Handgelenke. Dieser Kraftübertragung wirkt die Federung entgegen, in dem die Griffe die Belastung größtenteils aufnehmen und dadurch deutlich weniger Kräfte auf den Körper einwirken.
Fachliche Bewertung
Ich kann meine eigenen Erfahrungen mit den velospring Griffen beschreiben und auch mein subjektives Empfinden in den Produkttest einfließen lassen. Eine belastbare fachliche Bewertung, ob es aus physiologischer Sicht sinnvoll ist, Fahrradgriffe mit integrierter Federung zu fahren, kann ich natürlich nicht abgeben. Ich bin daher in die nächste Stadt zu einer physiotherapeutischen und osteopathischen Praxis gefahren, um die Griffe dort vorzustellen und mir eine fachliche Meinung einzuholen.
(Linda Wißing – Physiotherapeutin)
Linda Wißing arbeitet als Physiotherpeutin bei Marcel Piekarczyk Sportsmed – einem sportmedizinischen Zentrum für Osteopathie und Physiotherapie. Sie hat dort die velospring sen comfort Griffe genau unter die Lupe genommen und bewertet das Konzept der integrierten Federung als vorteilhaft und gelenkschonender im Vergleich zu herkömmlichen Fahrradgriffen.
Es sind jedoch nicht nur die Griffe zu beachten, sondern die gesamte Sitzposition. Aus Sicht der Biomechanik ist es das Ziel eine aktive Sitz- und Stützfunktion zu erreichen. Die unterstützende Wirkung der velospring Griffe ist bei einer sportlichen Sitzposition am größten. Es ist daher wichtig, die Körperhaltung auf dem Fahrrad so einzustellen, das die Druckverteilung zwischen Gesäß und Armen (Brückenfunktion) nach Möglichkeit optimal ist.
In dieser Sitzposition sorgt der Druck der Arme auf die Handgelenke für einen festen und stabilen Griff der Hand um den Lenker. Der Körper muss jedoch sämtliche Belastungen durch Schläge, die sich auf den Lenker übertragen, aufnehmen und abfedern. Die integrierte Federung der velospring sen comfort Griffe ist dazu in der Lage, diese Schläge abzudämpfen, so dass die Kräfte, die auf die Gelenke wirken, verringert werden.
Durch die ergonomische Form besitzen die Griffe eine besonders große Unterstützungsfläche. Dadurch ist eine gute Verteilung der Kräfte auf die Handwurzelknochen und Handballen gegeben. Die große Auflagefläche entlastet zusätzlich die Gelenke in der Hand und in den Fingern. Zusätzlich ermöglichen sie durch ihre Form ein inaktiveres Greifen. Dieser benötigt weniger Beweglichkeit und Kraft als z.B bei einer runden Griffform, bei der ein aktives Greifen erforderlich ist, um ausreichende Stabilität zu erreichen. Dies kann bei verschiedenen Krankheitsbildern wie rheumatischen Erkrankungen, Impingement, nach Knochenbrüchen, Nervenengpässen oder instabilen Schultergelenken positive Auswirkungen haben, da weniger Kräfte auf die Gelenke einwirken.
Die Verwendung der sen Comfort Griffe von velospring ist auf Grund der gelenkschonenden Eigenschaften aber vor allem auch durch die Verringerung von auftretenden Belastungenspitzen z.B. beim Durchfahren von Schlaglöchern, empfehlenswert.
Holz als Material für Fahrradgriffe
Die velospring sen comfort Griffe werden aus heimischem Nussbaumholz gefertigt. Das Material ist relativ hart und unempfindlich gegen Stöße oder Witterung. Damit kein Wasser in das Holz eindringen kann, ist es mit einem imprägnierenden Öl behandelt. Für einen dauerhaften Schutz empfiehlt es sich, die Griffe von Zeit zu Zeit neu einzuölen. Ein entsprechendes Pflege-Kit hat velospring ebenfalls im Sortiment.
Während herkömmliche Griffe durch Abnutzung und Kratzer mit der Zeit immer schlechter werden, verändern sich die positiven Eigenschaften der velospring Griffe durch die Benutzung nur geringfügig. Häufiges Nutzen der Griffe poliert sie sogar und sorgt für eine Nachfettung durch die Hände, wodurch ein fortlaufender Schutz gewährleistet wird.
Holz ist ein natürliches Material und reagiert auf Beanspruchungen durch Wetter und Stürze mit Farbveränderungen und Macken. Man kann es aber bei Bedarf einfach mit Schmirgelpapier nacharbeiten, um z.B. Kratzer oder Macken im Holz zu entfernen. Anschließend kommt eine Schicht Öl darüber und die Griffe sehen wieder aus wie neu.
Neben der Optik ist vor allem die Haptik von Holz besonders. Die Griffe sind ergonomisch geformt und schmiegen sich der Hand förmlich an. Obwohl sie eine sehr glatte Oberfläche besitzen, bietet Sie den Händen einen guten Halt und vermitteln ein kontrolliertes Lenkgefühl. Hier hatte ich zuerst meine Zweifel und die Sorge, dass sie sich anfühlen, als wenn herkömmliche Griffe nicht ordentlich befestigt wurden – dieses Gefühl hat sich zum Glück nicht bestätigt. Die Griffe fühlen sich sehr sicher an.
Darüber hinaus hatte ich die Befürchtung, dass das harte Material nicht so komfortabel ist, wie ein Griff aus einem weicherem Material. Das kann ich aber so nicht bestätigen, denn obwohl die Oberfläche wesentlich härter ist, als bei allen anderen Griffen, die ich bisher gefahren bin, fühlen sie sich nicht unkomfortabel an. Die velospring Griffe liegen nicht nur gut in der Hand, sie sind regelrechte „Handschmeichler“. Die ergonomische Form der Griffe sorgte bei mir zum ersten Mal dafür, dass meine Hände auf nach längerer Fahrt nicht einschlafen oder anfangen zu kribbeln. Ergonomische Griffe von anderen Herstellern konnten diesem Problem zwar ebenfalls entgegenwirken, aber für mich nicht vollständig lösen.
Für meinen Geschmack, könnten die Griffe an den dicksten Stellen etwas dünner, also einen kleineren Durchmesser haben. Vor allem, wenn ich bei kaltem Wetter mit Handschuhen fahre, waren Sie für mich zu dick. Aber das hängt natürlich mit der Größe meiner Hände zusammen. Evtl. wäre es sinnvoll, die Griffe in unterschiedlicher Größe anzubieten.
Wenn ich schon bei Verbesserungsvorschlägen bin, muss ich sagen, dass ich die 2-Finger Hörnchen der Griffe vermisse, die ich am Trekkingrad sonst immer gefahren bin. Die velospring Griffe sind am äußeren Ende zwar relativ groß und bieten eine breite Auflagefläche, wenn man die Griffposition mal wechseln möchte (in die „2-Finger-Hörnchen Position“ – ich hoffe jeder weiß was damit gemeint ist). Dafür wurden sie jedoch nicht konstruiert, und bieten der Hand in dieser Position dementsprechend wenig Unterstützung. Aus meiner Sicht wäre es daher wünschenswert, wenn man bzgl. der weiteren Produktentwicklung in Richtung 2-Finger Hörnchen etwas machen könnte.
Pro:
+ hochwertige Materialien und Verarbeitung
+ langlebig und unempfindlich
+ ergonomische Griffform
+ integrierte Federung
+ exklusive und edle Optik
Contra:
− hoher Anschaffungspreis
− Lenker muss zur Montage gekürzt werden
− Nur in einer Größe verfügbar
Mein Testfazit
Die sen comfort Fahrradgriffe von velospring sind meiner Meinung nach sowohl optisch als auch technisch eine Aufwertung am Fahrradlenker. Während der vergangenen Wochen bin ich unterwegs von vielen Leuten auf die Griffe gesprochen worden. In Bezug auf die Optik habe ich die Erfahrung gemacht, dass Holz am Fahrrad durchaus polarisiert. Der Werkstoff an sich und die dunkle Farbe des Nussbaumholzes bringt eine gewisse Retro-Optik mit sich, die nicht jedermanns Geschmack trifft. Mir persönlich gefallen die Griffe an meinem Trekkingrad sehr gut. Das Nussbaumholz liegt toll in der Hand und vermittelt ein sicheres Griffgefühl. Ein großer Vorteil des Materials ist, dass sich die Haptik auch nach langer Zeit nicht wesentlich verändern wird. Griffe aus anderen Materialien nutzen sich mit der Zeit ab, wodurch sich ihre Produkteigenschaften in der Regel verschlechtern.
Wenn die velospring Griffe mit der Zeit einmal unansehnlich werden sollten, kann man sie einfach durch Abschleifen und behandeln mit Öl wieder in einen neuwertigen Zustand bringen. Theoretisch sind sie dadurch so lange verwendbar, bis das Holz komplett runtergeschliffen ist. Das ist ein klarer Pluspunkt für das Material. Auf der anderen Seite besitzt Holz natürlich eine harte und glatte Oberfläche, wodurch sie nicht so griffig sind, wie beispielsweise Griffe aus Gummi oder weichem Kunststoff.
Ein wesentlicher Vorteil der velospring sen comfort Griffe ist die integrierte Federung. Sie reagiert schnell und sensibel, ist aber nicht mit der Funktionalität einer Federgabel vergleichbar. Die velospring Griffe können eine Federgabel nicht ersetzen, aber auf sinnvolle Art und Weise erweitern. Bodenwellen, Auf- und Abfahrten in Kreuzungsbereichen oder auch Radwegschäden durch Wurzelwerk von Bäumen absorbiert die Federung sehr gut. Bei stärkeren Unwegbarkeiten stößt sie aber an ihre Grenzen. Die Kräfte, die beim Durchfahren eines Schlaglochs wirken, können alleine durch die Griffe nicht neutralisiert, aber immerhin verringert werden.
Die Zielgruppe der velospring Griffe sind Radfahrer, bei denen der Komfort auf dem Rad im Vordergrund steht. Je sportlicher man auf dem Fahrrad unterwegs sein möchte und je sportlicher und technischer auch das Fahrrad ausgerichtet ist, desto eher wird man als Fahrer auf zusätzliche Federung verzichten wollen und Griffe aus weichen Materialien bevorzugen. Im Mountainbikesport sehe ich die Griffe daher nicht, da es dabei darauf ankommt, den Händen in jeder Situation ausreichend Grip zu bieten um das Bike unter Kontrolle halten zu können. Interessanter werden die velospring Griffe für City-, Trekking- und Reiseradfahrer sein, die zu Gunsten des höheren Komforts dazu bereit sind, den etwas höheren Anschaffungspreis in Kauf zu nehmen.
Die Griffe sind total chic und passen großartig zu meinen Holzschutz“blechen“, honigbraunen ledernen Sattel, Lenker- und Gepäcktaschen. Der Service von Velospring ist ebenfalls großartig. Aber nach ca. 1.000 km werde ich sie wieder abbauen müssen und meine ehemaligen ergonomischen Ledergriffe anbauen. Die wirklich edelen und langlebigen Holzgriffe sind hart und überhaupt nichts für Frauenhände. Mir (tägliche Radfahrerin plus weltweite Radurlaube, bis 10.000 km /Jahr) taten nach wenigen Kilometern die Ellenbogengelenke weh. Die Griffe sind im Umfang und in der Breite VIEL zu groß bei einer Hand(schuh)größe von 6,5 bis 8. Sehr, sehr schade für diesen teuren Fehlkauf.
Halli Frauke,
als Größe-9-Trägerin würde ich dir deine Griffe gerne abkaufen! 🙂
Liebe Grüße
Virginia